Würzburg, 18. November 2006

Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz

Das „Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz“ (in Kraft getreten am 01.08.2005) sorgt in Kommunen, bei Eltern und vor allem bei den Trägern und dessen Personal weiterhin für Unsicherheit und großen Unmut.

Trotz der vom Grunde her begrüßenswerten pädagogischen Absichten hinsichtlich der künftigen Bildungs- und Erziehungsziele in Kindertageseinrichtungen führt die Umstellung der pauschalen Förderung von Gruppen auf die kindbezogene, von den Eltern im Voraus genau festgelegte „Buchungszeit“ zu unverhältnismäßig großem bürokratischen Verwaltungsaufwand und zu zahlreichen weiteren, nicht hinnehmbaren negativen Konsequenzen.

  • Es besteht eine totale Diskrepanz zwischen den begrüßenswerten pädagogischen Bildungszielen (Bildung, Erziehung, Betreuung) und der durch die finanziellen Zwänge bedingten Realität.
  • Bedarfsfeststellung seitens der Kommunen: Die Kommunen müssen den Umfang des örtlichen „Bedarfs“ jährlich „in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit“ offiziell feststellen. Dies bedeutet:
  • Die Träger erhalten im Verhältnis zu früher wegen der „Spitzabrechnung“ durchschnittlich weniger Geld. Dies bedingt gleichzeitig eine höhere finanzielle Belastung der Eltern für die Betreuung ihrer Kinder als früher.
  • Es besteht eine große Verunsicherung der Träger hinsichtlich ihrer längerfristigen Planung für das Personal und die Finanzierung, da der Bedarf jährlich erneut im Voraus festgestellt werden muss.
  • Auch die jährliche Bekanntgabe des „Basiswerts“ (= staatliche Förderungsbetrag für täglich 3-4 Std. Buchung) durch das StM für Arbeit und Sozialordnung unter Berücksichtigung der Personalkosten macht eine längerfristige präzise Planung seitens der Träger unmöglich. Der Staat bezuschusst auch nur den von der Kommune offiziell festgesetzten Bedarf. Der Freistaat ersetzt jedoch nicht die tatsächlichen Kosten, sondern legt jährlich den „Basiswert“ für die Höhe der Förderung von sich aus fest!
  • Totale Verunsicherung des pädagogischen Personals hinsichtlich der Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses. Die Anstellung erfolgt derzeit überwiegend nur mehr über eng befristete Zeitverträge. Die „Kosteneinsparungen“ werden also „brutal“ auf dem Rücken des Personals ausgetragen. Die pädagogischen Ambitionen des Gesetzes (z.B. „frühzeitig Entwicklungsrisiken des Kindes entgegen wirken“ / „die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderung und von Kindern mit drohender Behinderung berücksichtigen“ / „besondere Sprachförderung sicherstellen“, Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund zur Integration befähigen“, „Erkennung von Legasthenie“, usw.) können jedoch nur von hoch motiviertem Personal umgesetzt werden.
  • Wird Personal je nach dem kurzfristigen (jährlichen) Bedarf ein- bzw. ausgestellt, ist jede kontinuierliche pädagogische Arbeit unmöglich.
  • Durch diese Praxis wird wegen der reduzierten Berufssicherheit bald ein gravierender Mangel an qualifiziertem Personal bestehen.
  • Die ausschließliche Bezahlung des Erziehungspersonals rein nach den gebuchten Stunden berücksichtigt nicht dessen Mehraufwendungen für die erweiterten Betreuungs- und Erziehungsaufgaben, etwa durch das vorgeschriebene Führen von Elterngesprächen, deren regelmäßige Information über den Stand der Lern- und Entwicklungsprozesse ihres Kindes in der Tageseinrichtung, der verpflichtenden Zusammenarbeit mit der Grundschule, Förderschulen usw., usw.
  • Gefahr der Schließung von bisher wohnortnahen Kindertagesstätten. Geringere Buchungszeiten bedingen nämlich eine geringere Förderung, was die Existenz kleinerer Einrichtungen, vor allem auf dem Land, erheblich gefährdet.
  • Es besteht ein zu großer Unterschied zwischen dem empfohlenen und dem tatsächlich finanzierten Anstellungsschlüssel.
  • Eklatante Einschränkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eltern können ihr Kind außerhalb ihrer Wohnortgemeinde in einer Tageseinrichtung an ihrem Arbeitsort nur dann unterbringen, wenn ihre Heimatgemeinde den damit dort notwendig werdenden Bedarf offiziell anerkennt (was in der Regel aus Kostengründen abgelehnt wird).
  • Einschränkung der freien Wahl der Kindertagesstätte. Das Recht der Eltern, eine Einrichtung je nach pädagogischem Konzept oder weltanschaulicher Ausrichtung wählen zu können, wird dadurch eingeschränkt, dass die Kommune den entsprechenden Bedarf erst offiziell festgestellt und anerkannt haben muss.

Die unterfränkische FDP fordert die bayerische Staatsregierung auf, den unverantwortlich hohen Verwaltungsmehraufwand zu reduzieren und die festgestellten Mängel zu beseitigen, damit begrüßenswerte pädagogische Zielsetzungen nicht an den finanziellen Zwängen scheitern.

Die unterfränkische FDP fordert das kostenfreie (letzte) Kindergartenjahr vor der Einschulung, damit rechtzeitig die Weichenstellungen für die anschließend in der Grundschule geforderten kognitiven, sozialen, motorischen und sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgen können und so die Startchancen und die Chancengerechtigkeit der Kinder besser gewährleistet werden.

Für die unterfränkische FDP haben Präventivmaßnahmen eindeutigen Vorrang gegenüber den später entstehenden, unverhältnismäßig höheren „Reparaturkosten“ bei Fehlentwicklungen in der Biographie von Kindern.

Die Unterfränkische FDP fordert die Zuständigkeit für die Kindertageseinrichtungen (Kinderkrippen, Kindergärten, Horte und Häuser für Kinder) aus dem Sozialministerium endlich in das eigentlich zuständige Kultusministerium zu verlagern.


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