Niedernberg. Schon zum 6.Mal lud am Samstag der  FDP-Kreisverband zur Churfränkischen Rede und heuer wollten knapp 100  Zuhörer im Seehotel hören, was Professor Karl-Heinz Paqué zum Thema  „Freiheitsrechte im Steuerrecht – wir brauchen eine Belastungsbremse“ zu  sagen hatte. Der 60-jährige Referent, Diplomvolkswirt, Professor und  Dekan an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität  Magdeburg, war von 2002 bis 2006 Finanzminister in Sachsen-Anhalt. Er  ist heute u.a. stellvertretender Vorstandvorsitzender der  Friedrich-Naumann-Stiftung, die zusammen mit der Thomas-Dehler-Stiftung  die Churfrankenrede ausrichtet.
Die Forderung Paqués, der Mittelstand müsse unbedingt von Steuern und  Abgaben entlastet werden, fand in Niedernberg viel Zustimmung.  Rückenwind erhielt der Referent durch zwei aktuelle Studien: Die  Untersuchung der OECD hat vor wenigen Tagen festgestellt, dass ein  lediger, kinderloser Arbeitnehmer in Deutschland mit Abgaben von knapp  50 Prozent des Einkommens unter den 35 OECD-Staaten nach Belgien am  höchsten belastet ist. Haushalten mit Kindern geht es etwas besser, aber  auch sie liegen in der Belastung im ersten Viertel der OECD-Staaten.  Ähnliche Ergebnisse brachte das Gutachten des Leibniz-Instituts für  Wirtschaftsforschung, in Auftrag gegeben von der  Friedich-Naumann-Stiftung. Paqué referierte die wichtigsten Ergebnisse:  „Die Abgabenbelastung der Bürger ist seit Jahren kontinuierlich  angestiegen. Die bereinigte Abgabenquote lag 2015 bei 41,3 \\\%, Tendenz  steigend. Niedrige und mittlere Haushaltseinkommen sind besonders stark  belastet. Denn bereits ab einem Haushaltbruttoeinkommen von 30.000 €  übersteigt die Gesamtbelastung der Arbeitnehmer 45 \\\% der Einkünfte.“

Paqués Folgerung, die er schon 2011 in einem Aufsatz formuliert hatte: „Der Obrigkeitsstaat meldet sich zurück!“ Für ihn ist die ständig zunehmende Belastung des Mittelstandes, der Wirtschaft, Staat und Gesellschaft in Deutschland trage, müsse sinken: „Wir Liberale wollen einen starken, handlungsfähigen Staat, aber er muss sich auf seine essentiellen Aufgaben konzentrieren.“ Dazu passe nicht, dass zwischen 2005 und 2015 die Löhne um 23 Prozent, die Staatseinnahmen aus Einkommens- und Lohnsteuer dagegen um 77 Prozent gestiegen seien. Und diese Entwicklung gehe so weiter: Bis 2021 werde nach zuverlässigen, konservativen Schätzungen der Staat 160 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen. Die Forderung Paqués, zugleich auch Bestandteil des geplanten Bundestagswahlprogramms der FDP: eine echte Entlastung der Mittelschicht im Volumen von 30 Milliarden Euro. Wirksame Bekämpfung der Progression, höhere Kinderfreibeträge und Abschaffung des Solidaritätszuschlags 2019 nannte er beispielhaft als Maßnahmen. Für den Referenten ganz entscheidend: Diese Entlastungen müssten „gesellschaftlich und wirtschaftlich nachhaltig“ sein, denn gerade der Blick auf die demographische Entwicklung mache eine Entlastung der Mittelschicht nötig, um dort Vorsorge und Handlungsfreiheit zu ermöglichen.

Viel Beifall gab es nach dem Vortrag, aber auch einige kritische  Fragen. Karsten Klein, Bezirksvorsitzender und auf Platz 2 der  bayerischen Landesliste aussichtsreicher FDP-Kandidat für den nächsten  Bundestag, moderierte das lebhafte Gespräch mit dem Publikum. Ob es sich  die FDP leisten könne, nach dem Wahldebakel 2013 noch einmal als  Steuersenkungspartei aufzutreten, wollte ein Zuhörer wissen. Paqué ließ  keinen Zweifel: „Wir treten 2017 nicht als Steuersenkungspartei an,  sondern als Partei, die Steuergerechtigkeit mit einer Balance zwischen  Bürger und Staat fordert. Die ist nämlich längst verloren gegangen – zum  Schaden von uns allen.“ Zum Schluss zählte er noch einmal zentrale  Punkte einer „liberalen Agenda 2030“ auf: „Bestmögliche Bildung – auch  im beruflichen Sektor –, eine verbesserte Gründerkultur, Stärkung der  Wissenschaft, geregelte Einwanderung und ein Ausbau der Infrastruktur –  auch ein optimaler Netzausbau.
Die Studie über die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland kann im Internet kostenlos heruntergeladen werden: https://shop.freiheit.org/#!/Publikation/675.